Selbstbestimmung im Altenheim Höhere Lebensqualität für Senioren
Die „Emanzipation der Heimbewohner“
Heimleitungen verzeichnen seit einigen Jahren eine stärkere Kunden-Souveränität seitens alter Menschen und deren Angehörigen. Mit der gehobenen Anspruchshaltung an die Pflegeeinrichtung sinkt auch die Bereitschaft der Senioren, in einem konventionellen Altenheim versorgt zu werden.
Die Lebensqualität von älteren, pflegebedürftigen Menschen hängt von verschiedenen Faktoren ab – neben einer sicheren und geborgenen Umgebung, einer guten medizinischen Versorgung und einer liebevollen Betreuung spielt hierfür auch die individuelle Selbstbestimmung eine maßgebliche Rolle: Ältere Menschen wollen ihr Leben im Pflegeheim selbst mitgestalten.
Heimleitungen sehen sich nun mit der Aufgabe konfrontiert, die Attraktivität ihrer stationären Pflegeeinrichtung zu steigern, indem sie den Wünschen nach Individualität und Teilhabe der Heimbewohner*innen nachkommen. Gleichzeitig müssen sie darauf achten, das Personal dadurch nicht zusätzlich zu belasten.
Selbstbestimmung vs. Fürsorgepflicht
Eine weitere Herausforderung für Heimleitungen besteht darin, die richtige Balance zwischen individueller Selbstbestimmung und der Sicherheit der Heimbewohner*innen zu finden. Welchen Grad an Freiheit kann beispielsweise dementen Menschen gewährt werden, ohne sie einem Risiko auszusetzen?
Um hier das richtige Maß zu finden, sind gut geschulte Fachkräfte zur individuellen Einschätzung der Patient*innen wichtig. Die Grenze der freien Willensbestimmung liegt da, wo das Risiko einer erheblichen Eigengefährdung oder die gravierende Beeinträchtigung der Rechte Dritter besteht.
Selbstbestimmtes Leben im Pflegeheimen: Praktische Umsetzung
Wie lässt sich eine hohe Lebensqualität durch mehr Selbstbestimmung in Pflegeeinrichtungen nun praktisch umsetzen? Gefragt sind kreative Ideen, die sich schnell und einfach in den Alltag integrieren lassen, ohne dabei viel mehr Personalaufwand zu erfordern. Hier lässt sich an verschiedenen Punkten ansetzen:
Freizeit- und Beschäftigungsangebote
Eine Auswahl an verschiedenen freiwilligen Beschäftigungs- und Aktivierungsangeboten im Seniorenheim gibt den Bewohner*innen die Freiheit, ihre Freizeit individuell zu gestalten. Sie können dabei selbst entscheiden, ob und an welchen Angeboten sie teilnehmen wollen. Darüber hinaus bieten ihnen aktive Freizeitangebote die Möglichkeit, soziale Kontakte zu anderen Bewohner*innen zu knüpfen und zu pflegen.
Soziales Leben
Konzepte zur Teilhabe in stationären Pflegeeinrichtungen müssen stets auch die Begegnung mit Angehörigen und Freund*innen beinhalten. Besuche sollten jederzeit möglich sein. Denn ein selbstbestimmtes soziales Leben sowohl inner- als auch außerhalb des Seniorenheims gehört zu den Grundpfeilern einer hohen Lebensqualität im Alter.
Rückzugsmöglichkeiten
Gleichzeitig ist der Wunsch nach Rückzug ebenso ein Grundbedürfnis, dem im Pflegeheim entgegengekommen werden muss. Mit der Landesheimbauverordnung und Einzelzimmerquoten soll der Anspruch auf ein Einzelzimmer im Altenheim gesetzlich geregelt werden. Damit werden die persönlichen Bedürfnisse der Bewohner*innen in den Vordergrund gerückt, um deren Lebensqualität dauerhaft zu verbessern.
Allerdings stellt die Umsetzung die Heime auch vor bauliche und personelle Herausforderungen. Dennoch: Heimleiter*innen, die Lösungsmöglichkeiten für mehr Privatsphäre und Rückzug für die Bewohner*innen finden, schaffen einen klaren Wettbewerbsvorteil. Denn die Nachfrage nach Einzelzimmern in Pflegeeinrichtungen steigt kontinuierlich an. Auch für pflegebedürftige Paare sollten Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden, um gemeinsam ins Seniorenheim umzuziehen.
Flexibler Tagesablauf
Ein wesentlicher Aspekt, der die Selbstbestimmung älterer und alter Menschen einschränken kann, ist der streng geregelte Tagesablauf in vielen Seniorenheimen: Häufig werden sie am frühen Morgen geweckt, die Mahlzeiten werden zu festen Zeiten eingenommen und nach dem Abendessen machen die Pflegekräfte die Heimbewohner*innen bettfertig.
Diese feste Zeiteinteilung widerspricht jedoch nicht selten dem persönlichen Rhythmus der alten Menschen. Sie möchten ihr Leben so weiterführen, wie sie es aus den eigenen vier Wänden gewohnt sind – und selbst entscheiden, wann sie essen, wann sie zu Bett gehen usw. So bietet schon allein die Möglichkeit, dass ein alter oder dementer Mensch selbst bestimmen darf, wann er auf sein Zimmer geht, für ihn eine erhöhte Lebensqualität.
Heimleitungen müssen sich also Lösungen überlegen, um den in ihrer Einrichtung wohnenden Menschen eine freie Einteilung ihres Tagesablaufes zu ermöglichen. In einigen Heimen gibt es mittlerweile schon flexible Weck-, Essens- und Ruhezeiten.
Selbstbestimmtes Einkaufen
Ein zentraler Part einer hohen Lebensqualität im Alter ist es, sich seine individuellen Wünsche und Bedürfnisse erfüllen zu können. Dazu gehört das selbstbestimmte Einkaufen: Bewohner*innen in Altenheimen möchten selbst entscheiden, welche Produkte sie zu welcher Zeit erwerben. So kann es beispielsweise sehr befreiend sein, in einem Kiosk innerhalb der Pflegeeinrichtung Kleinigkeiten für den persönlichen Bedarf einkaufen zu können – das kann auch einfach mal ein Schokoriegel sein, wenn man Lust darauf hat. Darüber hinaus können die Bewohner*innen beim Kiosk-Einkauf zusätzliche soziale Kontakte pflegen. Eine weitere Möglichkeit des selbstbestimmten Einkaufens sind Lieferdienste, über die sich die Heimbewohner*innen die gewünschten Produkte selbst auswählen und direkt in die Pflegeeinrichtung liefern lassen können.
Fazit
Die Lebensqualität in Seniorenheimen steht in direktem Zusammenhang mit einem hohen Grad an Teilhabe und Selbstbestimmung der Heimbewohner*innen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, diese im Pflegealltag umzusetzen – von variabel gestaltbaren Unterbringungsmöglichkeiten über flexible Essenszeiten bis hin zu selbstbestimmtem Einkaufen. Diese modernen Ansätze machen Altenheime nicht nur attraktiv für alte, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige, sondern auch für qualifiziertes Fachpersonal.